Indem Cornelia Rainer geschickt Geschichte und Geschichten vermischt, wechselt sie leicht in verschiedene Zeiten, und dies alles in einer beeindruckenden Kontinuität.“
Es ist eine erstaunliche Bearbeitung der Jeanne d’Arc die am CDN zur Aufführung gelang.
Die Jungfrau von Orléans wurde seit Jahrzehnten benützt, besetzt, entstellt. Die österreichische Regisseurin liefert uns mit ihrem Werk eine völlig neue Sicht: Sie verlagert das Schwert der Kämpferin in das Innenleben von vier Mädchen unserer Zeit, wo sie in abwechselnden Stimmen einen Siegeszug ihres eigenen Bewusstseins und ihrer Frage nach dem Sinn des Daseins und des Lebens beschreiten: Des Mutes und der Selbsterkenntnis. Indem Cornelia Rainer geschickt Geschichte und Geschichten vermischt, wechselt sie leicht in verschiedene Zeiten, und dies alles in einer beeindruckenden Kontinuität. Die klugen existenziellen Fragen der historischen Jeanne d’Arc werden zu Fragen der vier jungen Mädchen unserer Zeit. Der Text mutet wie ein langer Gedanke an, der gerade im Entstehen ist.
Die vielen Wahlmöglichkeiten junger Menschen von heute stoßen an das Unmögliche, sie verlieren sich in Angst und Schwindel. Was wir hier sehen, ist endlich ein wahrhaftiges lehrreiches und künstlerisch hochwertiges Programm für junge Frauen und junge Männer (mutatis mutandis). Nichts wird erzwungen, sondern alles wird in eine großen Klarheit formuliert. Die nebelhaften Umwege, die junge Menschen heute oft gehen müssen, werden zu Möglichkeiten und Erfindungen. Zahlreiche Fragen werden ungeschönt gestellt, immer mit Bedacht darauf, dass den Faden der Reflexion das Publikum selbst zu spinnen hat. Die Prämissen werden auch in der Inszenierung dafür gelegt. Eine dunkel gehaltene Inszenierung, wobei die Ausstattung immer dem Spiel der Schauspielerinnen dient und nicht umgekehrt. Die Geschichte der Jeanne d’Arc verschwindet nicht, im Gegenteil sie ist der rote Faden, und wird als Ausgangspunkt für wesentliche Fragen unserer Zeit genützt. Eine Inszenierung die es verdient in Zukunft überall gezeigt zu werden, an Theatern und Festivals, an Festen für Jeanne d’Arc, in Schulen, für junge und für erwachsene Menschen.